Samstag, 22. Dezember 2018

Die Bösen - Standard-D&D-Humanoide und ich

Vor einiger Zeit leitete ich eine Gruppe von 11Spielern durch ein altes D&D-Modul, hauptsächlich um zu sehen, was passieren würde. Es war der TEMPEL DES ELEMENTAREN BÖSEN. Erwartungsgemäß kamen wir in ~8 Stunden nicht weit: nur bis zur Wasserburg.

Ich konnte deswegen eine Sache, die ich geplant hatte, nur rudimentär umsetzen: Zwar wollte ich mich sehr dicht an den Text des Moduls halten; das bedeutete aber: komplett fantasielose +1 Dolche und +2 Schwerter an jeder Ecke, und fast genauso langweilige Orks, Ghule und Ghaste als Gegner. Mechanisch wollte ich nicht daran rütteln; narrativ aber wäre das unerträglich.

Also notierte ich mir schräge Beschreibungen für die generischen magischen Gegenstände: der +2 Säbel in der pösen Piratenstadt sei ein mächtiges Narwalhorn, fleckig von altem Blut und Fett. Der Dolch des Spions im langweiligen Anfangsdorf ist eine Scherbe perfekter Dunkelheit. Et cetera.

Und für die Monster tat ich dergleichen:

Ghule

Wenn man eine Leiche beisetzt, wachsen ihre Zähne und Nägel und Haare eine Weile weiter.  Das weiß auch jeder.
Wenn man die Leiche nicht respektvoll zurechtgemacht hat, sie nicht 3 Tage lang aufgebahrt und ordentlich beweint hat, dann wachsen ihre Zähne und Nägel (und Haare) so lange weiter, bis sie unter geduldigem, aber zunehmend heißhungrigen Scharren und Kratzen den Deckel ihres Sarges durchstößt und sich auf einer gewundenen, überlangen Bahn durch die Erde wühlt.  An der Oberfläche angelangt, versteckt sie sich dann auf dem Friedhof, oder in Gruften und Höhlen in der Nähe, um des Nachts frische Gräber aufzureißen und das nasse Fleisch zu fressen und das duftende Mark zu schlürfen. Diese Leichen nennt man Ghule. Sie tun sich manchmal in Banden zusammen und paddeln auf treibenden Baumstämmen die Flüsse entlang.
Und wenn sie einsam, oder sehr spöttisch sind, singen sie den Blues.

Ghaste

Next Level Ghoul. Wie sie entstehen, weiß niemand, aber im Geheimen munkelt man, dass dies ist was über Jahrzehnte hinweg aus lebendig begrabenen Kindern wird. Wo Ghule wie Leichen aussehen, mit überproportionalen Zähnen und schaufelartigen Fingernägeln, sind Ghaste fast gänzlich verhornt und verzahnt. Elegant, beinahe: Es gibt keine schwache Stelle an ihnen Leibern. Keine Haut und kein Fett. Ihre Fingernägel haben sich zu Spiralen umeinander gewickelt, sodass jede ihrer Hände eine reißende, unglaublich schmerzhafte Klaue ist. Ihre Zahnwurzeln wachsen ihnen bis an die hellen Augen und aus der Unterseite ihres Unterkiefers. Sogar ihre Rippen wuchern und bilden einen (recht zerbrechlichen) Panzer um das, was von ihrem Oberkörper verbleibt. Ihre verhärtete Zunge beeinträchtigt ihre Sprache, aber sie haben kein Problem damit, Ghule zu befehligen, die immer fürchten müssen,  selbstTeil der nächsten Mahlzeit zu sein.

Gnolle 

Kartoffeln. Habe ich mir so aufgeschrieben.

Hyänenmenschen sind (für mich! vielleicht nur für mich) nicht so spannend. Die einzige ästhetisch interessante stereotype Eigenschaft von Hyänen ist ihr Gelächter.
Ich mag die Idee von Gnom-Trollen, taktisch taschengroßen Tanks, aber das gaben die Stats nicht her.
Also: Knollengnome. Pflanzenbasiert, wie ja auch Dunsanys Gnole vielleicht, überwintern sie in Dungeon-Erde und verdingen sich als Söldner, um sich in weiter Ferne einmal einwurzeln zu können.

Orks 

Oh man.
Die meisten Orks haben dunkle Haare auf dem Kopf, braun oder sogar schwarz. Hellere Haare sind auch verbreitet, sogar ein metallisches Rot kommt vor. Die Haut der Orks in diesen Breiten ist fahl, aber vor allem weitgereiste Orks haben manchmal einen erdfarbenen Teint, manche sogar einen dunkelbraunen. Ihre Augen sind braun, oder grau, oder blau, oder grün, oder fast schwarz. Sie sind ungefähr so groß wie Menschen, ungefähr so schwer wie Menschen, und haben wie die meisten Menschen sehr schlechte Zähne und Hygiene.

Kurz gesagt: Orks sind von echten Menschen empirisch nicht zu unterscheiden.

Es gibt nur einen einzigen Unterschied: Wenn Humanoide einen Ork sehen, wissen sie, dass es ein Ork ist. Orks sind axiomatisch anders.
Und das macht es in den meisten Gesellschaften völlig OK, sie zu erschlagen und ihre Lager zu plündern.
Man erkläre das grausamerweise nur, wenn die  Spieler nachfragen.

Trolle 


Grottenschrat (Bugbear) 

 Ich weiß nicht mal was ein Waldschrat eigentlich ist und ich will es nicht nachschauen. Das Wort klingt großartig und die Grottenschrat-Neu(?)schöpfung ist mal eine großartige Übersetzungsleistung.
Die OSR-Definition eines Bugbears ist natürlich nur ein größerer, haariger Goblin. Ich spielte mit dem Gedanken, sie alle zu Gregor Samsas zu machen.

Aber große haarige grottige Lulatsche machen auch was her. Höhlenbärifizierte Menschen. Sie sprechen einen beinharten Werner-Akzent und erstellen einzelne Rüstungsteile, indem sie sich jahrelang unter Tropfsteine stellen bis ihr Pelz verkalkt, fertig.

Hobgoblin

Eine verzweigte Söldne- und Räuberbande aus Menschen, die sich aus kaum überlieferten Gründen als Goblins verkleiden. Es ist keine überzeugende, aber eine aufwändige Verkleidung. Prächtige Holznasen und Schminke in einzigartigen Hauttönen und ziergerostete Kurzschwerter.

Hobgoblins mit minimalen Trefferpunkten sind Goblins verkleidet als Menschen verkleidet als Goblins.

Drow

Unendlich unwahrscheinlich, dass wir so weit gekommen wären. Falls doch: mehr Spinnen.


Nächstes Mal in diesem Theater: Vom Steinernen Süden II: Electric Cthulhu
Frohes Fest! Guten Rutsch!

1 Kommentar:

  1. Ich mag es sehr wie du die "generischen" +1 Objekte beschrieben hast. Wirklich coole Ideen.
    Muss ich mir merken für's Schreiben eigenen Module !
    Danke für diesen Eintrag (auch wenn ich es spät entdecke :-D )

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